Rolf Kühn

Alles, was leiden kann

Zur Ursprungseinheit von Freude und Leiden

Ausstattung

Einband: Paperback; Seiten/Umfang: 338 S.

ISBN

978-3-943897-45-6

Preis

29,90 Eur (D) mit MWSt.

Bezug

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Wenn Freude und Leid nicht kontingent als Teilaspekte des Erscheinens auftreten, sondern an dessen ursprünglicher Phänomenalisierung im Sinne transzendentaler Lebendigkeit selbst teilhaben, dann ist damit die berechtigte Möglichkeit gegeben, sie in allen Manifestationsweisen unseres leiblich bestimmten Lebens zu befragen.
Methodisch ergibt sich daraus das Durchschreiten von gegenseitig sich ergänzenden Disziplinen, die von außen gesehen weit auseinander zu liegen scheinen - nämlich Naturphilosophie, Ästhetik, Ökonomie, Psychoanalyse und postmoderne Dekonstruktion.
Wenn wir sie allerdings radikalphänomenologisch unter der Leitfrage eines Pathos oder der Passibilität zusammenführen, die sich qua Affekt oder Leiblichkeit in jedem Phänomen offenbaren, dann gehören Freude/Leid zu einer immanenten Ursprungseinheit, welcher die folgenden Kapitel in ihrer scheinbaren thematischen Heterogenität gewidmet sind.
Auf den Leser wartet mithin ein Sich-Durchdringen-Lassen von rein phänomenologischen Erscheinensbedingungen, welchen die ständige Selbstgegebenheit von Freude/Leid in all unserem Empfinden selbst entspricht.
Dass daraus eine neue subjektive wie kulturelle Aufmerksamkeit für alle singulär-gemeinschaftlichen Vollzüge erwachsen kann, ist eine begründete Hoffnung, aber keine geschichtliche Garantie für eine andere Zukunft, die dennoch als Herausforderung für alle Individuen heute bereits mit ihrer kaum zu leugnenden Aktualität ansteht.

Der Titel "Alles, was leiden kann" besitzt eine dreifache Bedeutung. Er bezeichnet zunächst die grundlegende Tatsache, dass alles, was als "Natur" zu empfinden vermag, dem Pathos unterworfen ist. Daraus ergibt sich ontologisch wie existentiell, dass sich solch originäres Leidenkönnen in allen Vollzügen unseres Lebens - zusammen mit der Freude - einstellen kann. Mit anderen Worten in Arbeit, Eros und Psyche, welche als "Elementarerprobungen" unseres Lebens die beiden Hauptteile dieser Untersuchung bilden.
Aber die radikalphänomenologische Sichtweise kann drittens darüber hinaus herausarbeiten, dass das absolute Leben selbst in seinem originären Selbsterscheinen ein "Sich-Erleiden" beinhaltet, welches mit seinem "Sich-Erfreuen" im Sinne von immanent konstitutivem Sich-Geben/Sich-Empfangen eine abgründige Einheit bildet.
Gegenüber den tiefenpsychologischen Analysen im II. Teil blieb daher zu verdeutlichen, dass selbst in "Verdrängung" und "Kastration" dieses originäre "Leid" des Lebens als "Passibilität" nicht vernachlässigt werden kann, weil es die Potenzialität jeglicher inneren Verwandlungsmacht als solcher bildet.

Inhalt

Vorbemerkung

Einstimmung: Das "originäre Wie" als unsagbarer Ursprung

TEIL I: SUBJEKTIV-GEMEINSCHAFTLICHE URSPRUNGSERPROBUNGEN

1. Natur als Leiden und Ästhetik
1.1 Ipseität und Bedürfen
1.2 Die "aisthetische Gemeinschaftlichkeit" alles Lebendigen
1.3 Natur - mehr als Symbolsein

2. Das originäre Leib-Natur-Verhältnis in der Arbeit
2.1 Die Einheit von Natur und leiblicher Praxis
2.2 "Materielle" und "tote Arbeit" als Bestimmung der Großindustrie
2.3 Das entfremdete Mit-sein "assoziativer Produktion"
2.4 Entfremdung als subjektive und ökonomische Bestimmung

3. Erotik und Sakrales als "Verausgabung" und "Selbstaffektion"
3.1 Die Absolutheit des erotisch sensuellen Leibes
3.2 Intersubjektivität und Erotik als transgressiv-kulturelle Problematik
3.3 Konfrontation mit der Erotik als "Verausgabung" bei Bataille

Zwischenbetrachtung: Phänomenologische Hinführung zu Therapie und Analyse

 

TEIL II: DIE ANDERE JOUISSANCE DER ZUKUNFT

4. Begehren und Symptom
4.1 Symptom und Reales als Unbewusstes
4.2 "Sinthomale Weisheit" und selbstaffektves Symptomverständnis
4.3 Verbot und Transgression als subjektives Aktgeschehen

5. Deuten, Verstehen und Mitpathos
5.1 Trauma in der Sicht von Deutung und Mit-Pathos
5.2 Der "therapeutische Akt" als kreatives Begehren im "Realen"
5.3 Grenzverhältnis des Genießens und Perversion

6. Postmoderne und schweigende Lebensberührung
6.1 Differe(ä)nz und Leben als Kluft und Unmittelbarkeit
6.2 Postmoderne und Problematik des Erscheinens
6.3 Realität, Simulierung und Schein

Ausblick: Nihilismus und Heilsfrage

Bibliographie

Zum Autor
Rolf Kühn

Rolf Kühn, Dr. phil. Paris-Sorbonne, philos. Habil. Univ. Wien; Univ.-Dozent für Philosophie in Wien, Beirut, Nizza, Lissabon, Louvain-la-Neuve, Freiburg/Br. (Leiter der Forschungsstelle für jüngere französische Religionsphilosophie); zahlreiche Veröffentlichungen in Phänomenologie, psychologischer Anthropologie, Kultur- und Religionsphilosophie; Übersetzer wichtiger Werke Maine de Birans und Michel Henrys ins Deutsche; Herausgeber der Reihe „Seele, Existenz und Leben“ im Karl Alber Verlag; Leiter des „Forschungskreises Lebensphänomenologie“ (www.lebensphaenomenologie.de); Lehrausbilder und Supervisor in Existenzanalyse (Réseau de Logothérapie France). Letzte Hauptveröffentlichungen: Subjektive Praxis und Geschichte. Phänomenologie der politischen Aktualität, 2008; Praxis der Phänomenologie. Einübungen ins Unvordenkliche, 2009; Natur und Leben. Entwurf einer aisthetischen Proto-Kosmologie, 2011; „Ungeteiltheit“ – oder Mystik als Ab-Grund der Erfahrung. Ein radikal phänomenologisches Gespräch mit Meister Eckhart, 2012; Individuation et vie culturelle. Pour une phénoménologie radicale dans la perspective de Michel Henry, 2012; L’abîme de l’épreuve. Phénoménologie matérielle en son archi-intelligibilité, 2013; Religion und passio. Texte zur neueren französischen Religionsphilosophie (Hg.), 2013.

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